Mitarbeiterbeteiligung: Warum Startups diesen Guide lesen sollten
Mitarbeiterbeteiligungen sind ein beliebtes Instrument, um Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten. Doch es gibt einiges zu beachten – vor allem aus steuerlicher Sicht. Ein Guide rund um die Möglichkeiten und Folgen von Mitarbeiterbeteiligungen.
Eine Frage beschäftigt viele Startups genauso wie KMU und Grossunternehmen: Wie schaffe ich es, Mitarbeitende für mein Unternehmen zu gewinnen, zu motivieren und zu binden?
Gerade bei Startups, Jungunternehmen oder KMUs kommt oftmals dazu, dass sie nicht über die gleichen finanziellen Mittel wie grosse Unternehmen verfügen, um Fachkräfte von sich zu überzeugen. Hier kommen Mitarbeiterbeteiligungen ins Spiel. Was im Silicon Valley grosse Beliebtheit geniesst, wird auch hierzulande immer beliebter.
Doch was sind Mitarbeiterbeteiligungen? Welche Möglichkeiten bieten sich für ein Startup, eine GmbH und auch grosse Unternehmen? Und welche steuerlichen Tücken sind zu beachten? Dieser Guide zu Mitarbeiterbeteiligungen liefert die wichtigsten Antworten:
Was sind Mitarbeiterbeteiligungen?
Arbeitgeber beteiligen ihre Mitarbeitenden durch die Abgabe von Beteiligungsrechten an ihrem Unternehmen. Unternehmen haben dazu verschiedene Möglichkeiten. So können etwa Mitarbeiteraktien ausgegeben bzw. verkauft oder den Mitarbeitenden kann eine Beteiligung am Erfolg bzw. der Wertsteigerung des Unternehmens in Aussicht gestellt werden.
Aus steuerlicher Sicht wird zwischen echten und unechten Mitarbeiterbeteiligungen unterschieden. Bei echten Mitarbeiterbeteiligungen beteiligen sich Mitarbeitende unmittelbar oder in Zukunft am Eigenkapital des Unternehmens. Bei unechten Mitarbeiterbeteiligungen erhalten Mitarbeitende fiktive bzw. virtuelle Beteiligungsrechte.
Im Abschnitt «Die verschiedenen Formen der Mitarbeiterbeteiligung» werden die verschiedenen Beteiligungsmöglichkeiten und deren steuerliche Konsequenzen genauer erläutert.
Was sind die Vorteile einer Mitarbeiterbeteiligung?
Über Beteiligungen werden Mitarbeitende am Erfolg und der Wertsteigerung des Unternehmens beteiligt. Dadurch ergeben sich sowohl für Arbeitnehmende als auch für Arbeitgebende Vorteile:
- Erhöhte Motivation und langfristige Bindung: Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist es schwierig, motivierte Mitarbeitende zu finden oder sie langfristig an das eigene Startup oder Unternehmen zu binden. Durch die Mitarbeiterbeteiligung erhalten Mitarbeitende einen Anreiz, sich langfristig für den Erfolg des Unternehmens einzusetzen.
- Liquiditätsschonende Löhne: Nicht immer können Startups und Jungunternehmen marktgerechte Löhne bezahlen. Die Mitarbeiterbeteiligung bietet eine für Unternehmen liquiditätsschonende Möglichkeit der Entlöhnung und für Mitarbeitende ein dennoch attraktives, langfristiges Lohnmodell inklusive Erfolgsbeteiligung.
- Förderung des unternehmerischen Denkens: Durch die Beteiligung an der unternehmerischen Entwicklung erhalten Mitarbeitende die Chance, die unternehmerische Perspektive einzunehmen und die unternehmerische Entwicklung mitzuprägen.
- Nachfolgeplanung: Viele KMU und Familienunternehmen nutzen die Mitarbeiterbeteiligung auch im Rahmen der Nachfolgeplanung. So können Mitarbeitende sukzessive am Unternehmen beteiligt werden – bis zu einer Unternehmensnachfolge.
Die Mitarbeiterbeteiligung hat auch bestimmte Tücken – gerade in steuerlicher Hinsicht. Um die Nachteile der Mitarbeiterbeteiligung besser zu verstehen, lohnt sich zuerst der Blick auf die verschiedenen Formen.
Die Formen der Mitarbeiterbeteiligung: Echte vs. unechte Mitarbeiterbeteiligungen
Zur Unterscheidung der verschiedenen Formen der Mitarbeiterbeteiligung wird die steuerliche Perspektive eingenommen. Der Grund: Je nach Form der Beteiligung unterscheidet sich die Höhe und der Zeitpunkt der fälligen Steuern. Es wird zwischen echten und unechten Mitarbeiterbeteiligungen unterschieden:
Echte Mitarbeiterbeteiligungen:
Bei echten Mitarbeiterbeteiligungen werden Mitarbeitende zu Beteiligten (Aktionäre/Stammanteilsinhaber) der Gesellschaft, indem sie sich am Eigenkapital des Unternehmens beteiligen. Dies kann beispielsweise durch die unmittelbare Ausgabe von Aktien erfolgen oder durch den Erwerb von Optionen, die später ausgeübt werden können.
Formen der echten Mitarbeiterbeteiligung:
- Mitarbeiteraktien oder Mitarbeiter-Stammanteile: Indem sich Mitarbeitende am Eigenkapital des Unternehmens beteiligen, werden sie zu Beteiligten (Aktionäre oder Stammanteils-Inhaber).
- Mitarbeiteroptionen: Hier erhalten die Mitarbeitenden die Option, sich nach einer definierten Zeit (Ausübungsfrist) zu einem definierten Preis (Ausübungspreis) an der Gesellschaft zu beteiligen.
- Anwartschaften auf Anteilsrechte (Aktien/Stammanteile): Den Mitarbeitenden wird in Aussicht gestellt, sich nach dem Ablauf einer Periode, der sogenannten Vesting-Periode, eine definierte Anzahl an Beteiligungsscheinen zu Vorzugskonditionen zu erwerben. Der Mitarbeitende muss dabei zum Zeitpunkt der Übertragung bestimmte Konditionen erfüllen.
Unechte Mitarbeiterbeteiligungen:
Bei dieser Form der Beteiligung werden Mitarbeitende nicht zu Aktionär:innen oder Stammanteilsinhaber:innen, sind aber dennoch am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beteiligt.
In anderen Worten: Mit unechten Mitarbeiterbeteiligungen beteiligen sich die Mitarbeitenden nicht am Eigenkapitel des Unternehmens und erhalten damit auch kein Stimmrecht und kein Anrecht auf eine Dividende. Vertraglich werden sie aber an der Wertentwicklung und auch am jeweiligen Jahreserfolg des Unternehmens beteiligt.
Bei unechten Mitarbeiterbeteiligungen ist auch von fiktiven, virtuellen oder imaginären Beteiligungspapieren die Rede. Auch bei unechten Beteiligungen kann ein Anspruch direkt erfolgen oder in Zukunft in Aussicht gestellt werden. Aus steuerlicher Sicht sind die meisten unechten Beteiligungen Anwartschaften gleichzusetzen. Es gibt unterschiedliche Formen von unechten Mitarbeiterbeteiligungen wie z.B. Phantom Stocks (vertragliche Gleichstellung mit Aktionär:innen) oder Stock Appreciation Rights (Anrechte auf Barauszahlungen des Wertzuwachses).
Sperrfrist und Konditionen bei Mitarbeiterbeteiligung
Bei Mitarbeiterbeteiligungen wird häufig eine Sperrfrist vereinbart. In dieser Zeit dürfen Mitarbeitende ihre Beteiligung weder verkaufen noch verpfänden. Die Sperrfrist vermindert auch die Höhe der zu bezahlenden Steuern bei einer Gratisabgabe oder vergünstigten Abgabe durch den Arbeitgeber.
Die Ausgabe von Mitarbeiterbeteiligung erfolgt in aller Regel zu Vorzugskonditionen. Sprich: Beteiligungsscheine werden zu einem reduzierten Preis als der tatsächliche Wert der Beteiligung vergeben.
Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligung: Das müssen Unternehmen beachten
Abgabe von Mitarbeiterbeteiligungen ohne marktgerechte Gegenleistungen führen dazu, dass aufseiten der Arbeitnehmenden Einkommensteuern fällig werden und aufseiten Arbeitgeber und Arbeitnehmer Beiträge für die Sozialversicherungen entrichtet werden müssen, da es sich bei der Differenz zwischen Ausgabepreis und dem Verkehrswert um einen Lohnbestandteil handelt.
Wie die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen im Detail erfolgt, hat das Eidgenössische Steueramt unter anderem in den Kreisschreiben 37 und 37A festgehalten. Eine allfällige Sperrfrist hat Einfluss auf die Höhe des steuerpflichtigen Einkommens. So wird bei einer Sperrfrist eine Wertminderung von 6% pro Sperrjahr auf den Verkehrswert für maximal 10 Jahre gewährt.
Bewertungsfragen und Übergewinnbesteuerung
Bei nicht börsenkotierten KMU-Gesellschaften ist es in der Praxis oft schwierig den Drittpreis (Verkehrswert) der Beteiligungsrechte zu bestimmen. Deshalb werden Beteiligungsrechte an Mitarbeiter oftmals zu einem Wert nach einer bestimmten Berechnungsformel (Formelwert) abgegeben. In der Praxis wird dabei oftmals die sog. Praktikermethode zur Anwendung gebracht. Die Formel für diese lautet: (2x Ertragswert + 1x Substanzwert) : 3.
Diese Methode ist grundsätzlich auch von den Steuer- und Sozialversicherungsbehörden grundsätzlich anerkannt. So können die Sozialversicherungsbeiträge abgerechnet und Bescheinigungspflichten im Lohnausweis durch die Arbeitgebergesellschaft erfüllt werden. Der Formelwert liegt dabei oftmals unter einem Verkehrswert, welcher ein unabhängiger Dritter bezahlen würde.
Die geltende Steuerpraxis besagt Folgendes:
- Wird die Mitarbeiteraktie zu einem Formelwert (z.B. Praktikermethode) abgegeben und innerhalb einer fünfjährigen Haltedauer zum Verkehrswert veräussert, liegt ein Wechsel in der Bewertungsmethodik vor.
- Als steuerfreier Kapitalgewinn qualifiziert dann nur die Differenz zwischen dem Verkehrswert im Zeitpunkt der Abgabe und dem Verkehrswert im Zeitpunkt der Veräusserung.
- Die Differenz zwischen Formelwert der Abgabe und Verkehrswert im Zeitpunkt der Veräusserung stellt steuerbaren Übergewinn dar.
Grund für die geltende Praxis: Werden Mitarbeiteraktien zu einem Formelwert abgegeben und innerhalb von 5 Jahren zu einem höheren Wert an einen Dritten veräussert, gehen die Steuerbehörden davon aus, dass der «unterpreisliche» Erwerb zum Formelwert im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht. Als Folge davon ist der Gewinn aus dem Verkauf kein steuerfreier privater Kapitalgewinn, sondern steuerbares Erwerbseinkommen.
Beispiele zur Veranschaulichung der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen:
Beispiel I: Mitarbeiteraktie
Das KMU FNIL beteiligt die Mitarbeitenden mittels Mitarbeiteraktien. Mitarbeiterin N. erwirbt 10 Mitarbeiteraktien zum vergünstigten Preis von 1’000 CHF pro Aktie. Der Verkehrswert der Aktien beläuft sich Zeitpunkt des Verkaufs der Mitarbeiteraktie bei 1’500 CHF.
Die Differenz von CHF 5'000.- ist als Lohneinkommen zu versteuern und mit Sozialversicherungsabgaben abzurechnen.
Falls eine Sperrfrist von 5 Jahren vereinbart wurde, reduziert sich der Verkehrswert um 6% pro Jahr und beläuft sich in diesem Beispiel noch auf 74.726%, sprich pro Aktie CHF 1'120.89 oder für die 10 Aktien ein Total von CHF 11’208.90. Das Einkommen der Mitarbeiterin N. aus den Mitarbeiteraktien beläuft sich damit noch auf CHF 1'208.90 (Differenz zwischen CHF 11'208.90 und dem bezahlten diskontierten Preis für die 10 Aktien von CHF 10'000).
Beispiel II: Anwendbare Praxis Übergewinnbesteuerung
Das Startup SIRDNEK entscheidet sich Mitarbeiteraktien gratis an die Mitarbeiter abzugeben. Für die Abrechnung mit der Sozialversicherung und die Bescheinigung im Lohnausweis des geldwerten Vorteils wird mit einem Formelwert gerechnet.
Zum Zeitpunkt der Ausgabe belief sich der Formelwert pro Mitarbeiteraktie auf CHF 3'000, welcher entsprechend als Lohn zu versteuern und mit Sozialversicherungsabgaben abzurechnen ist.
Nachdem das Startup kurz darauf (innerhalb 5 Jahren) einen strategischen Partner finden konnte, werden sämtliche Beteiligungsrechte des Startups an diesen zu einem Preis von CHF 10'000 pro Aktie veräussert. Der Formelwert (gleiche Bewertungsmethode wie bei Abgabe) im Zeitpunkt der Veräusserung beträgt CHF 5'000.
Die Mitarbeiter erzielen pro verkaufte Aktie einen Gewinn von CHF 7'000. Dieser Gewinn ist jedoch nur im Umfang von CHF 2'000 (Differenz des gestiegenen Formelwertes von CHF 3'000 zu CHF 5'000) ein steuerfreier Kapitalgewinn. Im Umfang von CHF 5'000 pro Aktie liegt ein steuerbarer Übergewinn innerhalb 5 Jahren vor, der nach geltender Praxis der Steuer- und Sozialversicherungsbehörden im Arbeitsverhältnis begründet liegt. Die CHF 5'000 sind im Lohnausweis zu deklarieren.
Fazit Mitarbeiterbeteiligung: Was beachtet werden muss
Mitarbeiterbeteiligungen bieten viele Vorteile, aber auch einige Herausforderungen.
Auf diese Punkte sollten Unternehmen vor der Einführung achten:
- Strategie und Absicht der Mitarbeiterbeteiligung: Was ist die Strategie des Unternehmens, wo soll es in 5 Jahren stehen? Was soll mit der Mitarbeiterbeteiligung erreicht werden?
- Abklärung der Steuerfolgen und rechtliche Abklärungen: Es ist zwingend, dass Unternehmen die Steuerfolgen der Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsplans abklären, bevor sie einen solchen einführen.
- Bestimmung des Wertes von Beteiligungsrechen: Gerade bei Startups oder Jungunternehmen ist die Bestimmung des Wertes herausfordernd. Der Wert eines Startups ergibt sich oft über die Erwartung von künftigen Erfolgen und Gewinnen. Das kann zur Folge haben, dass die Steuerbehörde den Wert der Mitarbeiterbeteiligung «zu hoch» ansetzt. Was wiederum nachteilig für die Mitarbeitenden sein kann. Mehr zur Bewertung von Startups finden Sie auch im Artikel «Bewertung von Start-up Unternehmen»
Unser Artikel «Mitarbeiterbeteiligungen bei Start-up Unternehmen» liefert weitere Anhaltspunkte, mit welchen sich Startups bei der Einführung eines Beteiligungsplans auseinandersetzen sollten.
Planen Sie die Einführung eins Mitarbeiterbeteiligungsprogramms oder möchten Sie von Ihnen gehaltenen Beteiligungsrechte an einen Mitarbeiter abgeben? Insbesondere die steuerlichen Folgen können vielschichtig sein. Es lohnt sich auf jeden Fall mit einer Expertin oder einem Experten zu sprechen.
Wir freuen uns, wenn wir diese Rolle für Sie einnehmen dürfen. Nehmen Sie ungeniert Kontakt mit uns auf.