Steuerruling: Steuervorbescheide einfach erklärt
Mit einem sogenannten Steuerruling oder Tax Ruling erhalten Unternehmen oder Privatpersonen bei wichtigen Geschäftsvorfällen im Voraus Rechtssicherheit über die steuerlichen Auswirkungen. Was Sie über Steuerruling wissen müssen und was es beim Einholen von den steuerlichen Vorabbescheiden zu beachten gilt, lesen Sie in diesem Artikel.
Was ist ein Steuerruling?
Das Schweizer Steuerrecht ist bewusst flexibel und offen ausgestattet. Das hat Vorteile bezüglich dem Verhältnis zwischen Steuerverwaltung und Steuerpflichtigen. So lässt sich das Recht auf eine Vielzahl an wirtschaftlichen Vorgängen anwenden. Es kann aber auch nachteilig sein. Bei komplexen Transaktionen – wie Unternehmensverkäufen, Finanzierungen oder Erbschaften – können Unsicherheiten hinsichtlich der steuerlichen Beurteilung auftreten. Bei solchen Sachverhalten kommen Steuerrulings, auch Steuervorbescheide oder Tax Ruling genannt, ins Spiel. Sie helfen Klarheit hinsichtlich der steuerlichen Folgen von komplexen Transaktionen zu schaffen.
Steuerrulings sind verbindliche Auskünfte der zuständigen Steuerbehörde, welche auf Basis einer Anfrage zu einem geplanten wichtigen Geschäftsvorfall erteilt werden. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass das Ruling vorgängig, also vor der Durchführung einer Transaktion, erteilt wird.
Wenn ein Antrag für ein Ruling gestellt wird, gibt die zuständige Behörde eine verbindliche Auskunft über die steuerliche Behandlung des entsprechenden Sachverhaltes und den Auswirkungen darauf auf die steuerpflichtige juristische oder natürliche Person. Wird der Sachverhalt gemäss Beschreibung verwirklicht, dann hat der Steuerpflichtige Rechtssicherheit, die Steuerfolgen sind ihm abschliessend bekannt. Er bleibt aber frei, die Transaktion nicht oder anders als beschrieben durchzuführen, womit aber die Rechtssicherheit entfällt.
Wann wird ein Steuerruling erteilt?
Steuervorbescheide werden vorwiegend bei komplexen Transaktionen mit unklaren Steuerfolgen eingesetzt, da sie Rechtssicherheit schaffen. Zu den Sachverhalten, bei denen Steuerrulings sinnvoll sind, gehören zum Beispiel:
- Unternehmensverkäufe
- Umsiedlungen von Unternehmungen
- Unternehmensnachfolgen
- Umstrukturierungen wie z.B. Fusionen
- Finanzierungen
- Ausschüttungen
- Sanierungen
- Immobilientransaktionen
- Erbschaften
- Wohnsitzwechsel
Die Beurteilung der Steuerbehörde erfolgt in der Regel kostenlos – im Einzelfall kann die Steuerbehörde aufgrund umfangreicher Überprüfungs- und Korrekturarbeiten eine Gebühr verlangen. Dies ist in der Praxis aber äusserst selten und unüblich.
Form und Inhalt des Steuerrulings
In Bezug auf die Form und den Inhalt eines Steuerrulings müssen einige Kriterien berücksichtigt werden. Folgende Aspekte gilt es zu beachten:
- Sprache und Form: Das Gesuch für einen Steuervorbescheid wird schriftlich und grundsätzlich in einer Amtssprache eingereicht.
- Sachverhalt: Der Sachverhalt wird in kurzer Form, klar und vollständig dargestellt. Alle involvierten natürlichen und juristischen Personen werden eindeutig genannt.
- Rechtliche Würdigung: Das Steuerruling enthält bereits eine steuerrechtliche Beurteilung. Das bedeutet, dass aufgrund der aktuellen Rechtslage und der Praxis der Steuerbehörden analysiert wird, wie sich der konkrete Sachverhalt auswirkt. Diese Würdigung kann dann vom Steueramt angenommen werden. Es wird empfohlen, dies durch eine Expertin oder einen Experten durchführen zu lassen.
- Anträge: Das Ruling enthält einen oder mehrere eindeutig formulierte steuerliche Anträge.
- Beilagen: Beilagen werden soweit erforderlich und erklärend dem Antrag beigefügt.
Es wird empfohlen, für die Erstellung eines Steuerrulings und das anschliessende Verfahren eine Steuerberaterin oder einen Steuerberater zu konsultieren. So wird gewährleistet, dass das Wissen und die Erfahrung in der sachgerechten Ausgestaltung des Rulings vorhanden sind und die Kommunikation mit den Steuerbehörden auf einer fachlich-professionellen Ebene stattfindet. Dies kann Auswirkungen auf die Erfolgsaussichten eines Steuervorbescheides haben.
Unsere kompetenten Steuerberaterinnen und -berater unterstützen Sie gerne beim Verfassen von Steuerrulings.
Zuständige Behörden für das Einholen von Steuervorbescheiden
Steuerart | Eigenössische Steuerverwaltung (ESTV) | Kantonale Steuerverwaltung (KSTV) |
---|---|---|
Direkte Bundessteuer - Regel | (x) | x |
Direkte Bundessteuer - Spezialfälle | x | |
Kantons- und Gemeindesteuern | x | |
Verrechnungssteuer - Regel | x | |
Verrechnungssteuer - Rückerstattung natürliche Personen | x | |
Stempelsteuer | x | |
Mehrwertsteuer | x |
In Abhängigkeit vom Sachverhalt und der Steuerart wird der Antrag für ein Steuerruling bei einer kantonalen oder der eidgenössischen Steuerverwaltung gestellt.
Das Ruling der kantonalen Steuerverwaltung hat Rechtswirkung für die im Kanton steuerpflichtige juristische oder natürliche Person. Wenn es um interkantonale Sachverhalte geht, muss in allen betroffenen Kantonen eine verbindliche Vorabauskunft eingeholt werden. Bei Abklärungen zur Verrechnungssteuer, der Stempelabgaben und der Mehrwertsteuer besitzt ein von der ESTV unterzeichnetes Ruling Gültigkeit für die gesamte Schweiz.
Wann ist ein Steuerruling verbindlich?
Die Verbindlichkeit eines Steuerrulings ergibt sich aus dem in der Verfassung festgehaltenen Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV). Daraus leitet das Bundesgericht einen sogenannten «Vertrauensschutz» ab. Der Vertrauensschutz ist selbst dann gegeben, wenn sich die Behördenauskunft als unrichtig herausstellt. Der Schutz des Vertrauens in eine unrichtige Auskunft ist in diesem Fall höher zu gewichten als das Interesse an der richtigen Rechtsanwendung.
Dies bedeutet, dass die steuerpflichtige Person sich auf die Auskunft der Steuerbehörde berufen kann, wenn sie den Sachverhalt gemäss Steuerruling ausführt. Ein Steuervorbescheid gilt als verbindlich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die Auskunft der Steuerbehörde bezieht sich auf einen klar definierten Sachverhalt, welche die steuerpflichtige Person betrifft
- Die Steuerbehörde, die die Auskunft erteilt hat, war für den konkreten Sachverhalt zuständig oder wurde aus hinreichend überzeugenden Gründen als zuständig betrachtet
- Die steuerpflichtige Person konnte nicht ohne weiteres erkennen, dass die Auskunft unrichtig war
- Es wurden von der rechtssuchenden Person bereits mit Vertrauen auf die erteilte Auskunft nicht ohne Nachteil rückgängig zu machende Dispositionen getroffen
Eine weitere Grundvoraussetzung ist, dass die Rechtslage zur Zeit der Verwirklichung des Sachverhalts noch dieselbe ist wie zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung.
Wann wird ein Steuerruling genehmigt?
Der Steuervorbescheid wird genehmigt, sofern sämtliche formellen und materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Genehmigung erfolgt schriftlich und kann mit oder ohne Vorbehalte erfolgen.
Wie lange ist ein Steuerruling gültig?
Die Gültigkeit eines Vorbescheides entfällt ohne weiteres, wenn der darin enthaltene Sachverhalt nicht verwirklicht wird oder sich die rechtlichen Vorschriften zwischenzeitlich geändert haben. Die Steuerbehörde kann die Gültigkeit eines Steuerrulings auch an eine zeitliche Frist knüpfen oder ein bereits erteiltes Steuerruling zurückziehen, insbesondere dann, wenn sich die Praxis zur im Steuerruling erwähnten Sachverhalt geändert hat.
In gewissen Fällen kann die Behörde das Ruling widerrufen. Der aktive Widerruf eines Steuerrulings erfolgt in schriftlicher Form. Die zuständige Behörde achtet regemässig darauf, dass der bereits umgesetzte Teil des Sachverhaltes vom Widerruf nicht betroffen ist und legt unter Umständen eine Übergangsfrist fest. Stellt der Steuerpflichtige fest, dass er durch den Widerruf zu schaden kommt, kann er bei der zuständigen Behörde eine entsprechende Übergangsfrist oder eine andere geeignete Massnahme beantragen.
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